Jeder von uns kennt es: An Silvester spricht man über Vorsätze, die das kommende Jahr „besser“ machen sollen. Man ist fest entschlossen alles umzusetzen, was es dafür benötigt. Und dann: Spätestens Ende Januar ist die Luft raus und die Vorsätze sind verpufft. Aber warum?
Eine Studie aus 2016 der amerikanischen Johns Hopkins Universität zeigt, dass wir unsere guten und schlechten Angewohnheiten viel weniger beeinflussen können, als wir glauben. Das liegt an unseren Gehirnfunktionen - genauer gesagt dem „Belohnungssystem“. Es schüttet immer wieder den Botenstoff Dopamin aus, wenn uns in der Vergangenheit - vermeintlich - etwas gut getan hat: Der Griff zum Schokoriegel oder dem Rotweinglas nach stressigen Phasen. Auch wenn wir wissen, dass es nicht gut ist, fühlt es sich gut an.
Das Abtrainieren schlechter (oder das Antrainieren guter) Gewohnheiten ist deshalb ein Marathon und kein Sprint. Es wird ein langes Durchhaltevermögen benötigt, was auch eine Studie aus dem Jahr 2009 im „European Journal of Social Psychology“ zeigt: Wir benötigen rund zwei Monate – genauer gesagt 66 Tage – bis unser Gehirn neue Gewohnheiten annimmt. Und: Es ist leichter, sich etwas Neues anzutrainieren, als mit einem Laster aufzuhören.
Unterstützung gibt es hier reichlich mit sogenannten Habit-Trackern. Sie gibt es in vielen Journalen wie dem 6-Minuten Erfolgsjournal oder auch in Form von Apps wie Habitify. Hier geht es vor allem darum, täglich seine Gewohnheiten festzuhalten - und zwar die ganze Woche über. Eine Habit-Liste könnte zum Beispiel so aussehen:
Wenn wir einen Tag unsere Gewohnheit vergessen, ist das noch okay – dann sinken die Chancen sie beizubehalten um 10 Prozent. Bei zwei Tagen hintereinander sind es aber schon 60 Prozent. Das zeigen verschiedene Studien. Deshalb ist das tägliche Abhaken so wichtig.
Trotz dieses Wissens und dieser zahlreichen Tools für die Umsetzung, geben dennoch einige Menschen mit der Zeit auf. In der Regel innerhalb der ersten 20 Tage. Meine These lautet: Diese Menschen wissen nicht, wohin es gehen soll bzw. sie kennen ihr „Wofür“ bzw. „Warum“ nicht genau. Lassen Sie es mich anhand einiger Beispiele erklären:
Fall A
Ein Mann nimmt sich vor, ab nächstem Jahr weniger Alkohol zu trinken, da dieser Neujahrsvorsatz „einfach IN ist“ und Freunde / Kollegen es sich das auch vornehmen. Das Ergebnis ist: Spätestens Ende Januar ist dieser Vorsatz verpufft und der Mann wieder in seinem alten Muster unterwegs.
Fall B
Ein anderer Mann möchte auch weniger Alkohol ab 2022 trinken. Aber nicht, weil es andere auch so machen. Nein. Er hat festgestellt, dass er dadurch entspannter, produktiver und motivierter durchs Leben geht. Außerdem geht er viel inniger mit seiner Familie und seinen Mitmenschen um. Und natürlich wirkt sich das auch langfristig auf seine Gesundheit aus. Die Chancen sind hier deutlich höher, um in eine nachhaltige Veränderung zu kommen. Da der Mann weiß, WARUM bzw. WOFÜR er das macht, was er macht.
Anderes Beispiel:
Fall A
Eine Frau will sich im nachten Jahr unbedingt aus ihrer Firma wegbewerben, um einfach mal etwas Neues kennenzulernen. Schließlich machen es ihre Freundinnen auch so. Der Vorsatz lautet: In 2022 habe ich einen neuen Job. Die Macht der Gewohnheit siegt aber am Ende und die Frau wechselt ihren Arbeitgeber nicht.
Fall B
Eine Frau ist eigentlich in ihrem Traumjob unterwegs. In den letzten Jahren haben sich aber viele Arbeitsbedingungen verändert. Wenig Personal. Keine Zeit für ein persönliches Miteinander. Es gleicht immer mehr einer Fließbandtätigkeit. Dafür ist die Frau nicht angetreten. Außerdem belastet es ihre Stimmung und ihre Familie. Und genau aus diesen Gründen nimmt sie sich vor, in 2022 definitiv bei einem anderen Arbeitgeber unterzukommen. Ich brauche sicherlich nicht zu erwähnen, dass diese Frau es schaffen wird.
Wie Sie merken, benötigt es entweder ein klares „Wofür“ als „persönliches commitment“ oder einen aktuellen Auslöser. Letzteres ist oftmals auch mit körperlichen Symptomen oder Gefühlen wie Dauerstress oder Lustlosigkeit verbunden. Spätestens dann sollte der Weg der Reflexion beginnen. Aber auch vor diesem Hintergrund bleiben viele Menschen lieber in „ihrem Leid gefangen“, statt einen Veränderungsprozess anzugehen. Der Autor und Psychoanalytiker Arno Gruen macht in seinem Buch „Der Verrat am Selbst: Die Angst vor Autonomie bei Mann und Frau“ deutlich, woran es liegt: Es ist die Angst vor der Selbstständigkeit, die Angst voll und ganz Verantwortung für sich selbst und sein Handeln zu übernehmen. Solange man sie nicht überwindet, beschneidet man sich selbst und damit sein eigenes Leben.
Wenn Sie beginnen, bewusst über Ihr Leben nachzudenken, haben Sie bereits den ersten Schritt in Richtung Veränderung getan. Dann kommen Sie (wieder) mehr in Kontakt mit all den Facetten Ihrer Persönlichkeit, erfahren Tiefe, Werte und Sinn. Das alles ist Basis für echtes Wachstum.
„Das Leben ist schön. Von einfach war nie die Rede.“
Dieses Zitat gilt auch für Veränderungsprozesse. Es braucht neue Gewohnheiten, um neue Muster etablieren zu können. Natürlich gelingt das besser, wenn Sie nicht alleine im Boot unterwegs sind.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Veränderungen herbeizuführen. Hier sind einige davon:
Jede Veränderung ist mit Wachstum verbunden. Dies gelingt, wenn wir uns bewusst dazu entscheiden, Verantwortung für unser Leben zu übernehmen. Ganz gleich, wo wir gerade stehen. Und wer sein persönliches „Wofür“ bzw. „Warum“ kennt, wird künftig alle Hebel in Bewegung setzen, um nachhaltig etwas in seinem Leben zu verändern.
Wie sieht Ihre Herangehensweise aus, wenn es um Veränderungen geht?
Was denkst du?